Kreatives Kochen im Art Café Odeon

Das Art Café Odeon beschreibt seine Schöpferin Tanja Plešivčnik Zelenko als »einen Topf Kreativität und Kochabenteuer«. Warum? Vor allem, weil die Räumlichkeit ein wichtiger Treffpunkt des experimentellen Kochens, eine Galerie, für verschiedene Veranstaltungen und das wichtigste – ein neuer Ort für das Zusammensein der Einheimischen ist. Und vielleicht auch zum Nachdenken und Suchen nach Ideen für eine bessere Zukunft unserer Stadt.

Das Art Café Odeon hat wirklich die kulinarische Atmosphäre im Zentrum von Izola belebt. Es bietet eine wichtige Alternative zu den traditionellen Meeresgerichten an – fleischlose Mittagessen mit Gewürzen "von mediterran bis Japan“, wie du gerne sagst. Woher schöpfst du deine Inspiration für neue Gerichte?

Die Inspiration kommt meistens aus mir, aus meiner Einbildungskraft, Lebenserfahrung, Reisen, verschiedenen Zusammenseins und kulturellen Kontakten, von denen es in meinem Leben viele gibt. Und vor allem aus den Herausforderungen, die ich mir gerne stelle, zum Beispiel, dass ich jeden Tag etwas anderes, etwas neues vorbereite. Eigentlich ist mir gerade der kreative Prozess eine große Inspiration. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir nie vorgestellt, dass ich mich jemals im Leben mit Kochen beschäftigen werde, aber anscheinend kennt Kreativität keine Grenzen. Aber eigentlich koche ich im Art genauso wie zu Hause.

Warum ausschließlich fleischlose Küche? Ist das deiner Meinung nach nur ein Modetrend oder ist die Zukunft der Kochkunst wirklich in dieser Richtung?

Also, die Entscheidung für Gerichte ohne Fleisch war für mich die einzig mögliche, weil ich schon seit meinem 14. Lebensjahr kein Fleisch mehr esse, was bedeutet, dass ich fast mein ganzes Leben fleischlos koche. Also, ich bin nicht gewohnt Gerichte mit Fleisch vorzubereiten, außerdem folge ich meinen Prinzipien, was für den Körper und für die Umwelt gut ist und was nicht. Sagen wir so: ich esse nur das, wovon ich denken kann, dass ich es tatsächlich esse.

Man kann sagen, dass es zurzeit nur ein Modetrend ist, vegetarisch und vegan zu essen, aber vielleicht wird es in der Zukunft nicht mehr so sein, vor allem, weil es dann zum »way of life« wird, oder es werden sollte. Die Menschen haben endlich angefangen sich über ihre Ernährung zu fragen und sich bewusst zu machen: aus welchen Bedingungen entstammt unseres Essen und können wir wirklich die Realität der Ernährungsindustrie akzeptieren und dabei noch immer das Essen genießen? Ich glaube, dass dieser Trend unseren Planeten nicht verlassen wird; dafür müsste es zu einer wundersamen oder katastrophalen Wende kommen. (Lachen)

Dein Dialekt verrät, dass du nicht aus Izola stammst. Was brachte dich hierher?

Ja, das stimmt, ich bin in Slovenj Gradec geboren, aber schon seit meinen Studentenjahren bin ich viel um die Welt gereist und war zwischendurch auch schöpferisch und habe geschrieben. Ich habe fast alle europäischen Länder besucht, lebte zwei Jahre in Portugal,und war auch in Asien: im Iran, Indien, Pakistan, in der Türkei und in Nordafrika. Auf diesen Reisen habe ich viele Leute aus verschiedenen Teilen der Welt kennengelernt, die noch heute meine guten Freunde sind.

Einer von denen war auch mein Mann, der aus Grožnjan kommt, aber wir haben uns schon als Studenten kennenlernt. Vor ungefähr fünfzehn Jahren zogen wir in diesen Küstenort - um hier das Diplom zu schreiben und eine Familie zu gründen. Mit Kindern änderte sich das Lebenstempo und deswegen blieben wir in Izola.

Empfindest du jetzt Izola wie dein zuhause?

Ich muss zugeben, dass erst jetzt, seitdem wir das Café haben, ich Izola mehr als mein zuhause empfinde. Weil wir beide vorher noch in Ljubljana gearbeitet haben, und wir in das Zuhause in Izola mehr oder weniger nur zum Schlafen gekommen sind, habe ich gar nicht gewusst, dass so viele tolle Leute in Izola leben. Erst jetzt sind wir hier wirklich aktiv geworden, sind anwesend und leben mit der Stadt.

Wie kam es eigentlich zur Idee der Eröffnung des Art Cafés Odeon und zur Entstehung dieses besonderen, für unseren Ort anderen Konzepts?

Vor COVID habe ich in Ljubljana gearbeitet, wo ich mich mit meinem Freund, einem Maler aus Portugal, mit dem ich in der Vergangenheit schon an vielen Projekten zusammengearbeitet hatte, zusammen bemühte ein literarisches und künstlerisches guest house zu erschaffen, ein Projekt, dass Unterkunft mit Vernetzung von Kreativität und kulturellen Ideen zusammen bringt. Die Räumlichkeit, die wir erschaffen haben, war wirklich etwas Besonderes und wir haben dafür einige Preise bekommen, obwohl sie nur drei Jahre bestanden hat. Aber dann kam COVID und leider gehörten wir zu denen, die gezwungen waren zu schließen.

Eigentlich habe ich meinen traumatischen Verlust unseres erfolgreichen Projekts, eine Art von Schmerz, in ein neues Projekt – in das Art Café umgelenkt. Am Anfang wusste ich gar nicht, was das Konzept des Cafés sein wird, ich wusste nur, dass wir Izola und seinen Bewohner etwas geben wollten, was es hier noch nicht gab. Ich habe das Projekt als ein besonderes kreatives und nachhaltiges Experiment genommen. Die Idee, dass das auch ein Café für tägliche Mahlzeiten wird, wurde etwas später geboren.

Waren also tägliche Mahlzeiten und das kulinarische Angebot eine zufällige Inspiration?

Ich habe schon seit immer die Kulinarik geliebt. Schon als Studentin habe ich gerne gekocht und wir haben uns immer beim Essen getroffen: entweder beim Mittagessen oder beim „Abendessen“ um 3 Uhr morgens. Ich habe das Kochen detaillierter kennengelernt, als ich in Lissabon gelebt habe, wo wir in den Hostels auch für größere Gesellschaften gekocht haben, reisende Küchenchefs zu Gast hatten und verschiedene Gewürze und Geschmacksrichtungen aus der ganzen Welt ausprobiert haben. Dort habe ich mich wirklich für die Kulinarik begeistert!

Du sprichst im Plural, aber eigentlich kochst du doch alleine, oder? Wer sind noch die anderen Mitglieder des Art Teams?

Eigentlich koche ich jetzt schon seit anderthalb Jahren alleine mit einigen Helfern, die sehr sehr nett und treu sind. Aber wir haben trotzdem viele Herausforderungen. Für mich ist zurzeit die größte Herausforderung sich mit dem Gaststättengewerbe zu beschäftigen. Mein ganzes Leben war ich zwischen Wissenschaft und Kunst, so dass das jetzt für mich eine ganz neue Szene ist.

Gibt es in Izola Nachfrage nach anderer, fleischloser Küche? Habt ihr eure Klientel? Habt ihr auch schon jemanden bekehrt?

Ich glaube, dass die Klientel sich langsam entwickelt und dass wir sie auf eine Art selbst erschaffen. Es ist interessant, dass die Mehrheit unserer ständigen Gäste gar keine Vegetarier sind. Wir haben wirklich so unsere ständige Gruppe von 15-20 Gästen, die wirklich jeden Tag kommen. Wenn sie nicht kommen, dann weißt du Bescheid, dass sie entweder krank sind oder Urlaub haben. (Lachen) Es ist auch schön, wenn sie erzählen, dass sie Veränderungen in ihrem Körper fühlen, weil sie sich anders ernähren. Es gibt auch viel „take away“, wenn Menschen die Mahlzeiten mit ins Büro oder nach Hause mitnehmen.

Im Ausland, besonders in größeren europäischen Städten, sind wir solchen Räume vielleicht ein bisschen mehr gewöhnt. Besuchen auch Touristen das Art Café regelmäßig? Was für einen Anteil stellen sie dar?

Touristen sind meistens sehr begeistert, wenn sie zufällig zu uns kommen. Die Anzahl ist wesentlich größer im Sommer und es handelt sich vor allem um Reisende und nicht so viel um Urlauber. Eigentlich besuchen uns viele Fremde aus verschiedenen Orten und sie wundern sich über das Gesamtbild und das Angebot des Cafés. Einmal haben bei uns zwei Regisseure aus Paris begeistert gegessen und haben gesagt, dass es so etwas sogar in Paris nicht gibt. Vor kurzem hat uns eine ganze Woche eine bekannte amerikanische Skifahrerin besucht, die so begeistert war, dass sie sich vor der Abreise noch eine Mahlzeit für den nächsten Tag holte. (Lachen)

Eine Besonderheit des Cafés ist neben dem Essen auch die Galerie und Art ist ein Schauplatz für literarische Aufführungen, Theater-, Musik- und erzählerische Aufführungen. Wie oft finden solche Veranstaltungen statt?

Es ist für uns ganz natürlich, dass wir mit verschiedenen Künstlern zusammenarbeiten, weil wir uns auch in diesen Kreisen bewegen. Ich wünsche mir sehr, dass unsere literarisch-erzählerische Aktivität gut aufgenommen wird. Zurzeit arbeiten wir mit einer sehr netten erzählerischen Gruppe zusammen, die für Kinder und Erwachsene auftritt; sie treten bei uns 1-2 Mal monatlich auf. Wir haben auch regelmäßige Ausstellungen: bestimmt 1-2 pro Saison. Es freut uns sehr, dass uns in letzter Zeit viele Künstler kontaktieren. Dabei sind wir dem Zentrum für Kultur, Sport und Veranstaltungen, mit dem wir sehr gut zusammenarbeiten, sehr dankbar für seine Unterstützung.

Ich möchte noch unsere Zusammenarbeit mit der lokalen Gemeinschaft erwähnen: mit der Komunala Izola haben wir schon vor einiger Zeit eine Umtauschecke vorbereitet, die echt populär wurde. Vor kurzem habe ich auch angefangen mit dem generationenübergreifenden Zentrum zusammenzuarbeiten. Ich freue mich schon jetzt darüber, dass ich in Zukunft mit Frauen zusammen kochen und schöpferisch sein werde!

Vermisst du ähnliche kreative Räume in der Nähe?

Absolut! Ich bin mir sicher, dass, wenn es noch mehr solcher Räume gäbe, sich die Leute noch mehr aktivieren und zusammenkommen würden. Das Angebot generiert irgendwie die Nachfrage. Das Art Café Odeon ist der lebende Beweis dafür. Und wenn die Leute einmal spüren, dass irgendwo etwas passiert – etwas anderes, starkes - dann kommen sie zu und fangen an auf eine andere Art und Weise zu leben ... die Mehrheit unserer Gäste, die Einheimischen, haben noch gar nicht über einen anderen Ernährungsstil nachgedacht, oder dass man Tee anstelle von Kaffee trinken kann – bis wir hierher gekommen sind. Das Art hat sie auf eine Weise geweckt: hat ihnen eine neue Alternative, man könnte sagen eine umweltfreundlichere Alternative angeboten. Wenn es solche Plätze nicht gibt, bleiben die Leute zuhause und leben weiter in ihrer Routine, sie öffnen sich nicht, lernen nichts Neues kennen ... Aber genau das ist der größte Zauber des Lebens. Es freut mich, dass wir in den Leuten eine Art Lebensfeuer erwecken. Das kann man spüren … Manchmal bieten sich Leute von selbst an mir in der Küche zu helfen. Und das ist schön, dass wir zusammenarbeiten und uns gegenseitig helfen.

Warum ist es heutzutage wichtig, dass man anders ist und versucht immer etwas mehr zu bieten? In eurem Beispiel geht es nicht nur um Kochkunst sondern auch um eine Lebensweise.

Ehrlich, wir belasten uns nicht damit anders zu sein, sondern streben dahin, dass es uns gut geht. Zum Beispiel wiederhole ich die Gerichte nicht, aber nicht weil ich besonders sein möchte, sondern wirklich ausschließlich nur deswegen, weil es für mich im Leben eine Herausforderung darstellt alle Sachen ein bisschen anders zu machen. Ich mag keine Routine. Wenn ich koche, überlasse ich mich ganz dem Prozess und passe mich ihm an. Wenn es regnet ist auch das Essen ein bisschen anders als an sonnigen Tage. (Lachen) Wir haben eine "lebensnahe“ Küche, die die Leute daran erinnert, was es wirklich bedeutet zu leben.

Werden wir uns vielleicht auch einmal am Pier des Geschmacks treffen? Das wäre eine tolle Gelegenheit, dass ihr euch der breiten Öffentlichkeit präsentiert.

Wer weiß. (Lachen) Wir würden sehr gerne mitmachen und ich hoffe, dass wir dieses Jahr wenigstens einmal Zeit finden.

Wir sind schon am Ende unseres interessantes Gesprächs. Vertrau uns bitte noch dein Lebensmotto an.

Mein aktuelles Motto? Weil das sich bei mir ändern kann … (Lachen) Zurzeit möchte ich genug Freiheit und Ruhe im meinem Leben für Kontemplation haben. Dass ich darüber nachdenken kann, was ich alles schon gemacht habe und was ich in Zukunft machen möchte.

Wohin würdest du deine Freunde bringen, zum Beispiel die, die aus verschiedenen Teilen der Welt kommen, wenn sie dich in Izola besuchen? Was sind die drei Sachen, die wirklich jeder erleben sollte?

Lass mich darüber nachdenken, wohin ich sie gewöhnlich bringe. Bestimmt würden wir einen Spaziergang machen bis Bele skale und dem Kliff von Strunjan. Ich würde ihnen auch den Besenghi Palast zeigen, wir würden den Strand beim Leuchtturm besuchen und beim Bujol Fische genießen. Ich werde sehr froh sein, wenn ich in Zukunft sie noch woanders hinbringen könnte. Ich glaube nämlich, dass Izola großes Potential hat, besonders in Richtung Nachhaltigkeit und in neue, starke Inhalte. Das Entwicklungspotential dieser Gemeinde ist enorm. Wenn wir sie entwickeln werden und wenn ihre Bewohner sie genießen werden, dann wird sie auch ein Magnet für alle Besucher werden. Weil das, was von Innen schön ist – wenn wir als Gemeinschaft verbunden sind – definitiv auch nach außen strahlt.